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Auskieser wollen Stadt enteignen
13.07.2010
„Skandalöses Verhalten der Kiesindustrie am Niederrhein"
"Die Kiesindustrie ist unberechenbar, was ihre Aktivitäten und ihre Begehrlichkeiten zur Kiesgewinnung am Niederrhein angeht," berichtete Bürgermeister Dr. Christoph Landscheidt in der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause. Zentraler Dreh- und Angelpunkt sind nach wie vor die Auskiesungsflächen im Rossenrayer Feld, die der Stadt mittlerweile große Sorgen bereiten.
Bereits im Jahre 1998 hatte die Stadt Kamp-Lintfort - nicht zuletzt aufgrund des Drängens der Bezirksregierung Düsseldorf - reagieren müssen. Denn der Stadt drohten damals aufgrund der Aufstellung des Gebietsentwicklungsplans großräumige Auskiesungen im Rossenrayer Feld mit umfangreichen Wasserflächen in der Größe von über 90 ha. Um zu einer für die Stadt vertretbaren Lösung zu kommen, wurden deshalb mit den beteiligten Auskiesungsunternehmen Hülskens und Rossenrayer Liegenschaftsgesellschaft/ Kölbl (RLG) vertragliche Vereinbarungen geschlossen, um im Anschluss an die Auskiesung eine Nutzung der Flächen im Sinne einer geordneten Stadtentwicklung zu ermöglichen. Ziel war es, reduzierte Wasserflächen und entsprechende Wiederverfüllungen festzulegen. Grundstücksangelegenheiten und ein gemeinsam abgestimmter Zeitplan sind ebenfalls Gegenstand der Vereinbarung. Im Gegenzug wollte die Stadt die zügige Auskiesung dulden. „Dies erschien als der einzige Weg, um zu verhindern, dass Kamp-Lintfort später großräumig von ungeordneten Wasserflächen umgeben worden wäre," so Landscheidt. Betrachtet man rückblickend die Entwicklungen der letzten Jahre, so ist von den damaligen dreiseitigen Abstimmungen aus Sicht der Stadt wenig übrig geblieben. Im Grunde hat nur die Stadt sich an ihre vertraglichen Zusagen gehalten. Seit RLG/ Kölbl von dem Unternehmen Heidelberger Zement übernommen wurde, fühlt sich Hülskens nicht mehr an die damaligen Abmachungen gebunden: Grundstücksstreitigkeiten zwischen den Unternehmen verhindern jedwedes Fortkommen, um zu einer für die Stadt akzeptablen Lösung zu kommen.
Als Reaktion auf diese Streitigkeiten hat die RLG die Abbaureihenfolgen ohne Absprache mit der Stadt geändert. „Leider ist auch die zuständige Bezirksregierung Arnsberg für uns kein guter Partner, denn sie hat - trotz mehrfach geäußerter großer Bedenken seitens der Stadt - die geänderte Abbaufolge genehmigt. Die Stadt war damit gezwungen, gegen den Beschluss der Bezirksregierung zu klagen. Das Verfahren läuft seit 2007 und dauert noch an. Beide Unternehmen haben vertragswidrig vor 2 Jahren mit ihren Auskiesungen begonnen, und die Stadt hat große Befürchtungen, dass aufgrund der Streitigkeiten ungeordnete Abgrabungstorsen entstehen und dauerhaft das Stadtbild prägen.
Auch der Stadt gehört ein Grundstück innerhalb der Auskiesungsflächen der RLG. Angesichts des schwebenden Verfahrens und des eklatant vertragswidrigen Verhaltens der beteiligten Unternehmen hat die Stadt verständlicherweise keine Veranlassung, die beabsichtigte ungeordnete und aus ihrer Sicht rechtswidrige Abgrabung zu unterstützen. Jetzt geht die RLG erstmals sogar soweit, gegen die Stadt Kamp-Lintfort ein Grundabtretungsverfahren einzuleiten. „Dies ist - einfach ausgedrückt - ein Enteignungsverfahren - ein skandalöses Vorgehen gegenüber einer Stadt, das ich bisher noch nicht erlebt habe!" so Dr. Landscheidt.
Auch hiergegen wird die Stadt gegebenenfalls klagen. Auch hier ist der Ausgang ungewiss. „Letztlich zeigt sich, dass die Städte rechtlich leider nur geringe Möglichkeiten haben, solche Abgrabungsvorhaben mit Erfolg zu bekämpfen oder auch nur gestaltend oder steuernd einzugreifen" zieht Bürgermeister Dr. Landscheidt Resümee. Doch werde die Stadt alle Mittel ausschöpfen, den jetzt drohenden Auskiesungsvandalismus zu verhindern. Am Ende seien Landes- und Bundesgesetzgeber gefordert, dem haltlosen Vorgehen der Kiesunternehmen Einhalt zu gebieten.
(Presseinformation der Stadt Kamp-Lintfort vom 13.07.2010, www.kamp-lintfort.de)
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Landscheidt, Prof. Dr. Christoph
Telefon: 0 28 42 / 912-357
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