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Sonderserie Masterplan Bergwerk West: 05 Niederrheinbahn

11.05.2012

Die Regionalbahn von Duisburg über Moers nach Kamp-Lintfort

Ein Bahnanschluss ist für viele Städte selbstverständlich. Auch in Kamp-Lintfort wird intensiv daran gearbeitet, dass dieser vielleicht bald zum Alltag gehören kann.
Die Stilllegung des Bergwerks West ist zumindest in dieser Beziehung eine große Chance, wie das gemeinsame Gutachten von BVS Rödel & Pachan und KCW beschreibt. Die Arbeitsgemeinschaft der Gutachter war beauftragt worden, sich vor dem Hintergrund der Bergwerksschließung sowohl mit der Wirtschaftlichkeit, das heißt dem Verhältnis von Kosten zu Einnahmen, als auch der Umsetzbarkeit eines Anschlusses für den Personenverkehr bei Weiternutzung der heutigen Zechenbahntrasse auseinanderzusetzen.

Gemeinsam mit den Städten Duisburg, Moers, Neukirchen-Vluyn und dem Kreis Wesel treibt die Stadt Kamp-Lintfort seit längerem die beabsichtigte Anbindung an den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) voran. Erste Gutachten aus den Jahren 1998 und 2003 haben sowohl die wirtschaftliche als auch die betriebliche Sinnhaftigkeit des Vorhabens bestätigt, verbunden allerdings mit sehr hohen Investitions- und Unterhaltungskosten. Die bevorstehende Schließung des Bergwerks führt zu veränderten Rahmenbedingungen, die sich positiv auf einen Bahnanschluss für den Personenverkehr auswirken können. Beispielsweise wird sich der Güterverkehr deutlich reduzieren. Das Gutachten sieht aber auch in anderen Entwicklungen, wie in der Ansiedlung der Hochschule, der Errichtung des Einkaufzentrums Drei Eichen und der geplanten Ansiedlung von Logistikunternehmen auf dem Kohlenlagerplatz die Chance, die Fahrgastzahlen und die Ausnutzung der Strecke zu erhöhen.

Die Gutachter bewerteten dabei drei verschiedene Betriebsvarianten; nur Personenverkehr sowie Mischverkehr mit Mehrzug- und Einzugbetrieb (Güter). Eine Abwicklung des Güterverkehrs außerhalb der Betriebszeiten des Personenverkehrs (Einzugbetrieb) stellt die wirtschaftlichste Möglichkeit des Streckenbetriebs dar. Die Gutachter betonen jedoch, dass die Umsetzung aller drei betrachteten Betriebsvarianten möglich und sinnvoll ist und diese drei Varianten nicht weit auseinander liegen. Zudem ist eine Umstellung von der einen zur anderen Variante durchaus auch im Nachhinein möglich. Konkret besteht also die Chance, dass schon in wenigen Jahren eine Regionalbahn von Duisburg über Moers nach Kamp-Lintfort verkehrt.

Niederrheinbahn
Streckenführung Grubenanschlussbahn , Machbarkeitsstudie Niederrheinbahn
Quelle: BVS Rödel und Pachan | KCW

Diese attraktive Bahnverbindung würde nicht nur den auswärtigen Studierenden den Weg zur Hochschule Rhein-Waal erleichtern, sondern auch vielen Pendlern aus dem Raum Kamp-Lintfort eine Alternative zum Auto bieten und damit ganz wesentlich zu einer Stärkung des Hochschul-, Wohn- und Arbeitsstandortes Kamp-Lintfort beitragen. In unmittelbarer Nähe zum Neubau der Hochschule Rhein-Waal und der Innenstadt soll der Endhaltepunkt einer Regionalbahn „Duisburg-Moers-Kamp-Lintfort" entstehen. Im Rahmen der in Kürze beginnenden Ideenkonkurrenz zur Nachnutzung der Bergwerksfläche ist daher ein Korridor um das mittig auf der Fläche liegende Hauptgleis für die Trassenführung freizuhalten. Alternativ kann die Gleisführung auch auf der östlichen Gleisanlage entlang der Zechenmauer an der Ringstraße verlaufen, sofern es der Entwurf erforderlich macht und städtebauliche Vorteile gegenüber den betriebstechnischen Nachteilen einer solchen Trassenführung überwiegen.
Da eine Realisierung der Niederrheinbahn aufgrund der eingeschränkten Finanzmittel für eine Ausweitung des SPNV derzeit jedoch nicht sicher gestellt ist, soll der Wettbewerbsentwurf auch ohne die Bahntrasse funktionieren.

 

Viel SPNV für wenig Geld - Beitrag zur Vermeidung des Verkehrsinfarktes in NRW

Kamp-Lintfort ist heute die drittgrößte deutsche Stadt ohne Bahnanschluss, entsprechend hoch ist das Fahrgastpotenzial. Rund 3.100 Fahrgäste am Tag werden erwartet. Durch die Hochschule ergibt sich zudem ein Ausgleich zum Berufspendlerverkehr, der zu einer wirtschaftlicheren Auslastung der Züge führt. Wer es mit der Vermeidung des Verkehrsinfarktes in NRW ernst meint, muss die Niederrheinbahn mit Nachdruck unterstützen. Fakt ist nämlich, dass der weitaus überwiegende Teil der prognostizierten Fahrgäste derzeit auf die Nutzung des privaten Pkw angewiesen ist - aneinandergereiht eine Fahrzeugschlange von mehr als 18 km pro Tag!
Die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur beziffern die Gutachter je nach Variante einmalig mit 6 bis 8 Mio. €. Die jährlichen unrentierlichen Betriebskosten liegen deutlich unter 1 Mio. €. Vor dem Hintergrund der weitreichenden Zuschussbedürftigkeit im öffentlichen Personennahverkehr weist die Niederrheinbahn verhältnismäßig geringe Investitions- und Betriebskosten auf.
Verbunden mit dem hohen Fahrgastpotenzial, der kurzfristigen Umsetzbarkeit sowie der Kostenbeteiligung durch den Schienengüterverkehr gibt es eine Vielzahl guter Argumente für die Niederrheinbahn.

Gemeinsam mit dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, dem Verkehrsministerium sowie der Logport Ruhr GmbH, die das Kohlenlager zum Logistikstandort entwickelt möchte und ebenfalls auf den Bahnanschluss setzt, müssen nun die nächsten Schritte eingeleitet werden. Die Umsetzung der Niederrheinbahn wäre ein ganz entscheidendes strukturpolitisches Signal für Kamp-Lintfort und die Region.

 

(Presseinformation der Stadt Kamp-Lintfort vom 11.05.2012, www.kamp-lintfort.de)