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Gemeinsame Pressemitteilung der Bürgermeister der Städte Alpen, Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg

02.09.2022

Auskiesung

Bürgermeister zu aktuellen Kiesplänen des Landes: ein „Weiter so“ darf es nicht geben

 

-       Land und RVR ignorieren inhaltliche Urteilsgründe des OVG -

 

Mit seinem Urteil vom 3. Mai 2022 hat das Oberverwaltungsgericht Münster, das höchste Gericht des Landes, den klagenden Kommunen Alpen, Kamp-Lintfort, Rheinberg und Neukirchen-Vluyn sowie dem Kreis Wesel Recht gegeben und den Landesentwicklungsplan (LEP) insoweit für rechtswidrig erklärt, als darin die Versorgungszeiträume für Sande und Kiese verlängert und dadurch eine erhebliche Ausweitung der Auskiesungsflächen am Niederrhein vorgesehen wurden. 

Im Widerspruch zu dieser Grundsatzentscheidung sind Landesregierung und der Regionalverband Ruhr (RVR) offenbar jetzt der Auffassung, dass es weitgehend bei den alten Plänen bleiben könne und lediglich die geplanten Ausweitungen der Flächen geringfügig zu reduzieren seien. Demgemäß heißt es wörtlich in der Vorlage des Regionalverbandes zur Verbandsversammlung am 23.9.2022, in der es um die Fortsetzung und Umsetzung des alten Planungsverfahrens geht: 

„Aufgrund des absehbar geringen Ausmaßes der Änderungen soll die Beteiligungsfrist rund zwei Monate betragen“

Diese Vorgehensweise ist aus der Sicht der Bürgermeister inakzeptabel.

Zur Rechtslage erläutert Bürgermeister Christoph Landscheidt:

„Mit der Klage haben wir die Änderung des alten LEP, nämlich die Verlängerung der Versorgungszeiträume beklagt. Wir haben gutachterlich belegt, dass das Land mit der Verlängerung der Versorgungszeiträume und der damit einhergehenden wesentlichen Ausweitung der Auskiesungsflächen allein den Interessen der Kiesindustrie gefolgt ist und rechtswidrig gehandelt hat. Formal hat sich das Gericht nur mit dieser Frage beschäftigen und auch nur diese Verlängerung für rechtswidrig erklären können. Genauso formal stellt sich der RVR jetzt auf den Standpunkt, dass der alte LEP mit den ursprünglichen Versorgungszeiträumen Geltung beanspruchen könne. Dabei lässt der RVR aber gänzlich die umfangreiche Begründung des Gerichts außer Acht. In seinen Gründen beschäftigt sich das Gericht nämlich sehr ausführlich und allgemein (weit über die reine Befristungsfrage hinaus) mit den grundsätzlichen Abwägungsdefiziten, die dem Land als Verordnungsgeber bei der Zielbestimmung im Rahmen der planerischen Raumordnung vorzuwerfen sind. Der Hauptvorwurf, dass die Bedarfsfrage ausschließlich politisch mit den Interessen der Kiesindustrie ohne jegliche Abwägung entgegenstehender Rechtsgüter (Umwelt, Wasser, Flora, Fauna, Landwirtschaft pp) beantwortet wird, trifft natürlich auch den alten LEP. Den konnten wir eben nur deshalb nicht angreifen, weil er rechtskräftig ist und die Anfechtungsfrist abgelaufen war. Angreifbar war nur die neue Verlängerung der Versorgungszeiträume. Am Ende einer neuen LEP- Regelung muss der Ausstieg aus dem Kiesraubbau am Niederrhein stehen!“

In der Konsequenz bedeutet das für die betroffenen Kommunen: 

Der RVR mag so tun, als wenn der alte LEP mit den alten Versorgungszeiträumen eine wirksame Grundlage für seine neuen Pläne sein könne. Die Kommunen bestreiten dies aus den vom Gericht genannten Gründen und werden jede Maßnahme, die sie unmittelbar betrifft mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln angreifen. Im Rahmen dieser Verfahren müssen sich die Gerichte dann mit den inhaltlichen Argumenten des Oberverwaltungsgerichtes beschäftigen, insbesondere auch mit dem Thema Klimawandel, das vom OVG nur angesprochen und nicht vertieft, aber durch eine aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bei jeder umweltrelevanten Maßnahme neu zu bewerten ist.

Insofern sind die Bürgermeister zuversichtlich, dass der RVR seine neuen Pläne nicht ohne Widerstand und ohne eine grundsätzliche rechtliche Neubewertung wird umsetzen können. Einig sind sie sich darüber, dass es besser wäre, es nicht auf neue gerichtliche Verfahren ankommen zu lassen, sondern direkt den LEP auf eine rechtmäßige Grundlage zu stellen und darin mittelfristig ein geordnetes Ausstiegsszenarium zu formulieren.

Bürgermeister Ralf Köpke:

„Das Handeln des Landes und des RVR ist kurzsichtig und nicht interessengerecht. Es ignoriert die Sorgen und Belange der Bürgerinnen und Bürger. Dagegen werden wir mit allen Mitteln vorgehen. Wir wollen den Weg eines Endes des Kiesraubbaus.“

Bürgermeister Dietmar Heyde:

„Wir fordern ein Ausstiegszenarium aus dem ungezügelten Kiesraubbau am Niederrhein. Ich bin zuversichtlich, dass sich die zuständige Wirtschaftsministerin diesem Anliegen annehmen wird.“

Bürgermeister Thomas Ahls:

„Die Kiesausbeutung am Niederrhein muss in einem geordneten Verfahren mittelfristig zu Ende gebracht werden. Ich setze darauf, dass die Landesregierung dazu alsbald einen grundlegenden Vorschlag zur Änderung des LEP machen wird, der die Vorgaben des OVG berücksichtigt.“ 

(Presseinformation der Stadt Kamp-Lintfort vom 02.09.2022, www.kamp-lintfort.de)