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Jüdischer Friedhof

Lage:
Breitenwegsallee, GPS: 51°30'52, E 6°27'38
Gesamtgröße:
1.887 qm
Grünfläche:
1.550 qm
Grabfläche:
46 qm

Der langgestreckte Friedhof an der nördlich des Straßendorfes Hoerstgen verlaufenden Breitenwegsallee mit seinen nur 29 erhaltenen und geosteten Grabstätten aus der Zeit von 1808 bis 1936 hat eine Fläche von 1.887 qm. Der heutige Zugang von der Breitenwegsallee her ist sehr wahrscheinlich nicht der ursprüngliche. Wer diesen geschlossenen denkmalwerten Friedhof mit der Lagebezeichnung „Sittard" betritt, der erkennt nämlich sofort, dass eine größere heute nicht mehr benennbare Zahl von Grabstellen und Grabsteinen verschwunden ist.

Jüdischer Friedhof Hoerstgen

Jüdischer Friedhof an der Breitenwegsallee

Die Anfänge dieses jüdischen Begräbnisplatzes, der in früherer Zeit wahrscheinlich drei Gräberreihen kannte, sind nicht genau datierbar. In der insoweit nur spärlich vorhandenen Literatur wird jeweils ohne weitere Nachweise die Ansicht geäußert, der Hoerstgener Friedhof sei bereits schon im 16. Jahrhundert, im 17. Jahrhundert oder erst um 1720 angelegt worden. Fest steht jedoch nur, daß nach den erstmals von Michael Brocke getroffenen Feststellungen der älteste erhaltene Grabstein aus dem Jahre 1808 stammt. Nach bisheriger Auffassung soll der Friedhof 1888 durch eine Schenkung der Familie Bird, die 1846 Haus Frohnenbruch mit dem zugehörigen Grundbesitz erworben hatte, in das Eigentum der jüdischen Gemeinde übergegangen sein. Noch 1867 wird das fragliche Friedhofsflurstück des Eigentümers Ingenschay katastermäßig neben anderen unterschiedslos als „Acker" verzeichnet. 1896 dann berichtet der damalige Bürgermeister Josef Nolden in einer Aufstellung für das anfragende Landratsamt in Moers über den konfessionellen Charakter der örtlichen Friedhöfe: „Ferner befindet sich in Hoerstgen auch noch ein jüdischer Begräbnisplatz, welcher von der jüdischen Gemeinde als Eigentum beansprucht und benutzt wird".

1931 - in diesem Jahr war auf dem Hoerstgener Friedhof noch ein Wegesystem vorhanden - wird in einer Stellungnahme der Synagogengemeinde Alpen darüber Klage geführt, daß der Friedhof „nur noch notdürftig in Ordnung gehalten" werden könne. Am 18. Mai des gleichen Jahres kam es dann zum Abschluß eines unkündbaren Vertrages zwischen der Zivilgemeinde Hoerstgen einerseits und den „israelitischen Eingessenen der Synagogengemeinde Hoerstgen" sowie der Synagogengemeinde Moers zum anderen. Bürgermeister Hubert Lesaar und Gemeindevorsteher Johann Bird übernahmen in diesem Vertrag für die Zivilgemeinde Hoerstgen „ohne jede weitere Vergütung die ordnungsmässige Instandsetzung und Einfriedigung (...) sowie für ewige Zeiten die Aufsicht und Instandhaltung des Friedhofes (...). Die jüdischen Eingessenen der Synagogengemeinde Hoerstgen haben die Berechtigung zur kostenlosen Bestattung (...) gegen Zahlung der Grabbereitungsgebühren sowie das Recht auf Ankauf von Erbgruften. Der Erlös aus dem Verkauf von Erbgruften ist zur Unterstützung von bedürftigen israelitischen Eingessenen der Synagogengemeinde Hoerstgen zu verwenden und durch die Gemeindekasse der Zivilgemeinde Hoerstgen kostenlos zu verwalten". Im Gegenzug erhielt die Zivilgemeinde Hoerstgen das Eigentum am Synagogengrundstück und an der dieser vorgelagerten Parzelle.

Grabstein Leopold Davids auf dem Jüdischen Friedhof in Hoerstgen

Grabstein Leopold Davids

Während des Zweiten Weltkrieges war die Familie Ingenschay auf Roms-Hof aufgefordert worden, den Friedhof einzuebnen, doch widersetzte sie sich erfolgreich diesem Ansinnen. Im Jahre 1945/46 ist der Friedhof eingeebnet, ganz umgegraben und mit Grassamen eingesät worden. Die noch erkenntlichen Grabstätten wurden in Ordnung gebracht und die noch vorhandenen Grabmale aufgestellt". Die heute sichtbare Aufstellung der Grabsteine, die nur eine lückenhafte Reihe mit Grabstellen kennt, dürfte somit nicht die authentische sein. 1952 wurde der Stadt Kamp-Lintfort der Ersatz eines durch Kriegseinwirkung zerstörten Grabsteines „genehmigt und dem Steinmetzmeister Meyer, Moers, übertragen".

Im Jahre 1953 wurde die Jewish Trust Corporation for Germany Ltd. vorübergehend Eigentümerin des Friedhofes. Die fachmännische Pflege und Unterhaltung des mit einer Hainbuchenhecke und Zäunen eingefriedigten jüdischen Friedhofs an der Breitenwegsallee, dessen Eigentümer heute der Landesverband der jüdischen Kultusgemeinden von Nordrhein in Düsseldorf ist, liegen - erstmals begründet durch den „für ewige Zeiten" geschlossenen Vertrag von 1931 und 1955 ausdrücklich bekräftigt in dem Kaufvertrag über das Synagogengrundstück und die benachbarte Parzelle - in Händen des Grünflächenamtes der Stadt Kamp-Lintfort, die 1934 als Gemeinde gleichen Namens Rechtsnachfolgerin der früheren Zivilgemeinde Hoerstgen geworden ist.

Bei immerhin zwölf der insgesamt 29 aufgestellten Grabsteine sind die Inschriftenplatten unter unbekannten Umständen sowie zu unbekannter Zeit abhanden gekommen. Die Form der erhaltenen Grabsteine des 19. Jahrhunderts, die Inhalte ihrer Inschriften sowie die zurückhaltende Symbolik „weisen auf die traditionell-jüdische Lebensweise derer hin, die hier beerdigt wurden". So finden wir die segnenden Priesterhände und das antik-hellenistische Symbol des Schmetterlings als Sinnbild der Psyche, die sich von der Hülle des Körpers getrennt hat.

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