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Sonderserie Masterplan Bergwerk West: 01 Bestandsgebäude

24.02.2012

01 Bestandsgebäude

Ein großer Wunsch der Bevölkerung ist der Erhalt möglichst vieler historischer Gebäude, allen voran der stadtbildprägenden Backsteinbauten entlang der Friedrich-Heinrich-Allee. Sie zeugen von der über 100jährigen Bergbautradition der Stadt.

Im Rahmen der Grundlagenermittlung zur Standortentwicklung Bergwerk West untersuchte das Architekturbüro Böll, das bereits auf mehreren Industrie- und Zechenstandorten tätig war, ausgewählte städtebaulich und baukulturell bedeutsame Bestandsgebäude des Bergwerks hin auf ihre Umnutzungspotentiale.

Diese Studie umfasste 26 Gebäude im unmittelbaren Umfeld der Schächte, im Bereich der Ausbildung sowie Einzel- und Sondergebäude. Für die Nachnutzungsüberlegungen wesentliche Rahmenbedingungen wie Lage, Erschließung oder etwa die Belichtung jedes einzelnen Gebäudes wurden genauso untersucht wie die einfache Gliederung der Gebäude nach Geschossbauten, Hallen und Maschinenhallen. Als mögliche Nachfolgenutzungen werden gewerbliche Nutzungen, Büro/Verwaltung oder Wohnen genannt- andere Folgenutzungen sind aber nicht ausgeschlossen.

Innenansicht der Lohnhalle
Lohnhalle

Das große Verwaltungsgebäude mit der Lohnhalle und dem repräsentativen Haupteingang ist sicherlich eines der Schmuckstücke des Bergwerks. Doch knifflige Fragen stecken im Detail: für eine zukünftige Büronutzung beispielsweise muss in das Gebäude investiert werden, die Treppenhäuser erschließen nicht jeden Gebäudeteil; es fehlt ein Aufzug. In der ersten Bewertung zur Wirtschaftlichkeit bleibt die Frage offen, inwieweit sich das große Volumen der Lohnhalle vermarkten lässt.

Konkretere Vorstellungen gibt es bereits für die Lehrwerkstätten der RAG. Diese könnten an die Hochschule Rhein-Waal vermietet werden, die hierdurch in die Lage versetzt wäre, die Lehre in den Bereichen Elektrotechnik, Mechanik und der Physik besser durchführen zu können. Außerdem könnten dann auch weitere Angebote wie eine Sommerschule angeboten werden.

Mit dem weiteren Wachsen der noch jungen Hochschule am Standort verbunden ist die Hoffnung, dass hochschulnahe Dienstleister und Gewerbetreibende sowie Unternehmensgründer auf dem Zechengelände angesiedelt werden können und das studentische Leben in Kamp-Lintfort erfahrbar wird.

In direkter Nachbarschaft möchten sich Traditionsvereine wie die Fördergemeinschaft für Bergmannstradition und die Steigergemeinschaft West engagieren und ein Zentrum bergmännischen Brauchtums schaffen. In der „Projektwerkstatt" könnte die Tradition gepflegt und zudem mit dem Lehrstollen ein touristischer Anziehungspunkt geschaffen werden. In diesem Sonderbau sind mehrere Stollen der untertägigen Situation zu Übungszwecken nachempfunden. Aufgrund der Besonderheit des Gebäudes hält auch das Büro Böll eine museale Nutzung zum Erhalt der Kultur und der Geschichte des Bergbaus für denkbar. Ob diese Idee letztendlich umsetzbar ist, hängt auch davon ab, ob man ein tragfähiges Betreiberkonzept findet.

Stollen
Lehrstollen

Es wird nicht für jedes Gebäude auf Anhieb eine Nachnutzung geben können. Nicht jedes Gebäude ist darüber hinaus aufgrund seines baulichen Zustands erhaltenswert, so dass auch über Abriss und Neubebauung nachgedacht werden muss. Aufgrund ihres standortprägenden Charakters und der Erhaltenswürdigkeit empfiehlt das Büro Böll hautsächlich eine Nachnutzung des Gebäudeensembles entlang der Friedrich-Heinrich-Allee. Hier ist die Ansiedlung von Dienstleistungs- und Gewerbebetrieben genauso denkbar wie Wohnen und Freizeitwirtschaft. Viele Bürger Kamp-Lintforts können sich auch ein gastronomisches Angebot in den altehrwürdigen Gebäuden vorstellen. Um diese Zielsetzung zu erreichen, wird es auch darauf ankommen, Investoren und Architekten zu finden, die einen langjährigen Erfahrungsschatz im Bereich des Umbaus und der Sanierung von Industriearchitektur, dazu Entschlossenheit und Begeisterung für den Standort mitbringen.

 

(Presseinformation der Stadt Kamp-Lintfort vom 24.02.2012, www.kamp-lintfort.de)