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Rede des Bürgermeisters der Stadt Kamp-Lintfort anl. des Sternmarsches und der Demo am Eyller Berg am 23.8.2012

23.08.2012

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
zunächst einmal Danke für Ihr Kommen,

Danke für Ihr Engagement, die vielen Aktionen und speziell für die Vorbereitung der heutigen Demonstration.

Wenn der Bürgermeister der Stadt Kamp-Lintfort – immerhin auch eine Behörde – heute vor Sie als engagierte Bürgerinnen und Bürger tritt und sich bei Ihnen bedankt, weil Sie gegen die jahrzehntelangen Belastungen durch die Deponie Eyller Berg und gegen die Versäumnisse der Bezirksregierung Düsseldorf als übergeordneter Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde demonstrieren, dann beschreibt das eine fast schon groteske, ja skandalöse Situation.

Die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger waren bis zum heutigen Tage trotz jahrelanger, vielfältiger Bemühungen tatsächlicher und rechtlicher Art nicht in der Lage, das zu erreichen, was längst überfällig ist:

nämlich

die sofortige und bedingungslose Schließung der Deponie!!!

Ja, meine Damen und Herren,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
man muss die Dinge beim Namen nennen:

Die Geschichte der Deponie ist ein einziger Skandal.

Der Umgang der Aufsichtsbehörde mit den Sorgen der Bürgerinnen und Bürger und mit den Einwendungen der Stadt ist bis zum heutigen Tage nicht akzeptabel.

Und das Verhalten der Betreiber, der Herren Ossendot, möchte ich hier nicht näher kommentieren müssen. Ich würde wahrscheinlich eine Anzeige wegen öffentlicher Beleidigung riskieren.

Nur so viel:

Im Gaststättengesetz steht zum Beispiel, dass Gastwirte zuverlässig sein müssen. Sind sie es nicht, entziehen wir jedem kleinen Kneipenwirt sofort die Konzession.

Im Bundesimmissionsschutzgesetz steht ebenfalls, dass Deponiebetreiber zuverlässig sein müssen.

Nach § 20 kann die zuständige Behörde den Betrieb untersagen, wenn der Betreiber in Bezug auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen unzuverlässig ist und die Untersagung zum Wohl der Allgemeinheit geboten ist.

Ich frage Sie,  Frau Regierungspräsidentin, meine Damen und Herren, was muss man als Deponiebetreiber eigentlich noch veranstalten bzw. unterlassen, um sich als absolut unzuverlässig für den Betrieb einer derart gefährlichen Deponie zu erweisen? –

Ich  nenne Ihnen nur ein paar Beispiele:

Aufgrund der eigenen Ermittlungen der Stadt Kamp-Lintfort wissen wir heute definitiv und können es anhand von Zahlen, Daten und Fakten nachweisen, was wir immer schon vermutet haben:

Die Deponie ist seit Langem voll!

Die seit Jahren von verschiedenen Behörden verbindlich festgesetzten Höhenmaße sind erheblich überschritten. Die Deponie muss unverzüglich geschlossen werden.

Ich frage Sie:

Wenn die Betreiber wider besseres Wissen und vorsätzlich weiterhin tausende Tonnen Müll auf eine bereits überfüllte Deponie kippen, ist das dann nicht ein rechtswidriges Verhalten, das allemal den Tatbestand der Unzuverlässigkeit erfüllen sollte? –

Ich frage ferner die Bezirksregierung:

Wenn die Betreiber – wie gerade in den letzten Tagen von Mitgliedern der Bürgerinitiative wieder auf Video dokumentiert, weiterhin giftige Stäube beim Abladen der LKW’s in die Umwelt  entweichen lassen und sich bei herrschenden Westwinden die Positionierung der Beregnungsanlage im nördlichen Bereich der Abladezone als völlig sinnlos erweist,  warum machen Sie nicht endlich ernst und lösen die uns gegebene Zusage ein, die Deponie allein schon aufgrund eines solchen Vorfalles zu schließen?

Dass die Deponie nicht nur eine theoretische Gefahr darstellt, sondern tatsächlich die Umwelt kontaminiert und die Gesundheit von Menschen bedroht, hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) hat durch den Nachweis von Giftstoffen wie Blei und anderen Schwermetallen und PCB in der Luft, im Boden und in Pflanzen im Umfeld der Deponie nachgewiesen.

Möglicherweise haben sich die Betreiber sogar strafbar gemacht, wenn ein solches verantwortungsloses Verhalten den Straftatbestand des unerlaubten Umgangs mit giftigen und krank machenden Abfällen nach § 326 StGB erfüllt.

Man darf gespannt sein auf das Ergebnis der Strafanzeigen, die die hiesige SPD und der BUND gegen die Betreiber erstattet haben!

Noch skandalöser ist es, dass die Betreiber heute allen Ernstes behaupten, dass sie auf dieser bereits überfüllten Deponie noch eine weitere Million Kubikmeter giftigen und krank machenden Müll abladen dürften? –

Meine Damen und Herren,

das ist der glatte Hohn und ein weiteres Indiz für ihre Unzuverlässigkeit!

An diesem Punkt muss sich der gesamte Stadtrat von Kamp-Lintfort, alle Bürgerinnen und Bürger und ich in Person betroffen fühlen – (oder- ich kann es hier auch  krasser - sagen:…).

Sie alle wissen, dass die Betreiber schon vor mehr als zehn Jahren der Stadt ein verbindliches Ende der Deponie versprochen haben.

Der Volksmund mag ja recht haben, wenn er sagt:

Wenn du Deinen Feind nicht besiegen kannst, dann versuche wenigstens, Dich mit ihm zu einigen!

Aber unsere bittere Erkenntnis ist heute:

mit unzuverlässigen Leuten kann man sich eben nicht einigen.

Manche sagen es auch krasser:

wir fühlen uns belogen und betrogen. Da widerspreche ich nicht.

Übrigens, um auch das noch einmal klar zu sagen:

Die Stadt hat zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Zugeständnisse gemacht oder sich gar irgendetwas abkaufen lassen! Auch aus heutiger Sicht, ist es mehr als verständlich und legitim, wenn eine Stadt, die jahrzehntelang unter einer Deponie gelitten hat, sich wenigstens vom Betreiber einen minimalen Teil der späteren Kosten dafür ersetzen lässt, dass die rekultivierte Anlage auch tatsächlich genutzt werden kann.

Wenn es gleichwohl auch heute noch den einen oder anderen gibt, der es für richtig hält, wenn auch hinter vorgehaltener Hand, die Stadt Kamp-Lintfort und ihre Vertreter, namentlich den Bürgermeister wahrheitswidrig und wider besseres Wissen wegen ihrer damaligen Bemühungen zu diffamieren, der schadet vor allem unserer gemeinsamen Sache!

Richtig ist, dass die Stadt die Situation nur mit einem redlichen Partner gemeinsam hätte verbessern können.

Richtig ist aber auch, dass die damaligen Bemühungen die Situation in keiner Weise verschlechtert haben.

Meine Damen und Herren,

damit komme ich zu einem weiteren Punkt, der die Unzuverlässigkeit der Betreiber mehr als deutlich macht.

Der betrifft den Antrag auf Errichtung der Abfallbehandlungsanlage:

Was ist eigentlich von einem Betreiber zu halten, der vor 13 Jahren (ich wiederhole: dreizehn Jahren) den Antrag auf Errichtung einer solchen Anlage stellt mit dem Argument, dann könne die Deponie schneller befüllt, rekultiviert und geschlossen werden?

…der sie dann vorsätzlich und rechtswidrig jahrelang über das verbindliche 69-Höhenmaß auffüllt

und heute immer noch diesen Antrag verfolgt mit dem Argument, er habe noch eine Kapazität für eine weitere Million Kubikmeter giftiger Abfälle? –

Meine Damen und Herren,

  • wenn es richtig ist – und daran besteht nach unserer Auffassung kein Zweifel – übrigens auch nicht nach Auffassung der Bezirksregierung, dass die Abfallbehandlungsanlage nur Abfälle behandeln darf, die auf der Deponie selbst auch gelagert werden können
  • wenn es ferner richtig ist, dass das 69er Höhenmaß verbindlich ist -  auch das ist Auffassung der Bezirksregierung
  • und wenn es schließlich richtig ist, wie wir bewiesen haben, dass dieses Maß bereits überschritten ist,

dann fragen wir alle, die wir hier stehen, die Bezirksregierung:

Warum erwägen Sie ernsthaft, eine solche Anlage überhaupt zu genehmigen? – Sie ist schlicht nicht genehmigungsfähig, weil es auf dieser Deponie keinen Platz für mehr Müll gibt!

Aber wir wollen auch nicht unfair sein:

Die  Bezirksregierung versucht ja, meines Wissens erstmals in dieser Form, Auflagen und Beschränkungen, auch das 69-Höhenmaß, das neuerdings von den Betreibern bestritten wird, vor Gericht durchzusetzen. Das erkennen wir an.

Warum aber, fragen wir uns, lässt sich die Bezirksregierung auf ein Mediations-Verfahren ein, also ein Verfahren mit dem Ziel einer gütlichen Einigung  und unter Ausschluss der Öffentlichkeit? – Das fördert nicht das Vertrauen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger!

Mit diesen Betreibern, die rücksichtslos nur ihre eigenen finanziellen Interessen verfolgen - das ist die traurige Erfahrung der Stadt Kamp-Lintfort, kann man sich nicht gütlich einigen.

Wir brauchen eine möglichst schnelle und klare Entscheidung über das Ende der Deponie. Dann ist der Antrag über die Behandlungsanlage eh von selbst erledigt.

Und, meine Damen und Herren, wenn über die Anlage nicht in der Kamp-Lintforter Stadthalle, sondern in Moers verhandelt werden soll, weil man offenbar Angst vor den Gegnern der Deponie hat, dann fahren wir eben nach Moers.

Aber eines steht auch fest:

wir werden nicht locker lassen und alle juristischen und politischen Register ziehen, diesem jahrzehntelang währenden Deponieskandal ein Ende zu machen.

Das kann ich Ihnen persönlich, im Namen unseres Stadtrats und auch im Namen unseres Landtagsabgeordneten sicher zusagen!

Gut, wenn wir auf diesem schwierigen Weg Sie alle auch in Zukunft an unserer Seite haben!

Glück auf!

(Presseinformation der Stadt Kamp-Lintfort vom 23.08.2012, www.kamp-lintfort.de)