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Eyller Berg: Offener Brief an den Umweltminister

09.10.2012

Entsprechend dem Beratungsergebnis des Rates der Stadt vom 02.10.2012 appellierte Bürgermeister Prof. Dr. Landscheidt  heute in einem Brief an Umweltminister Remmel, der Bezirksregierung Düsseldorf den Freiraum für eine sachgerechte Entscheidung zu verschaffen, ohne den Eindruck zu erwecken, dem ausschließlich gewinnorientierten Interesse privater Unternehmen nachzugeben. Weiterhin forderte er ihn auf, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindende Meditationsverfahren zwischen der Bezirksregierung und der Fa. Ossendot Umweltschutz GmbH zu beenden.

Der Wortlaut des Briefes:

Sonderabfalldeponie Eyller Berg / Chemisch-physikalische Abfallbehandlungsanlage

Sehr geehrter Herr Minister Remmel,

einem Pressebericht zufolge haben Sie sich in der Sitzung des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landtags am 26. September 2012 dahingehend geäußert, dass die Bezirksregierung Düsseldorf bereits im November eine Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der beantragten Abfallbehandlungsanlage erteilen werde.
In Ihrem Bericht zum Betrieb der Deponie Eyller Berg an den Vorsitzenden des Ausschusses verweisen Sie dazu auf das BImSchG, demnach der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf eine Genehmigung habe, sofern die gesetzlichen Bestimmungen und andere Vorschriften eingehalten werden.

In meinen Stellungnahmen zum Antrag der Fa. Ossendot Umweltschutz GmbH und im Erörterungstermin am 28.08.2012 habe ich jedoch dargelegt, warum die Voraussetzungen zur Genehmigung der beantragten Anlage nicht gegeben sind.

Die Prüfung des Vorhabens durch die Bezirksregierung Düsseldorf ist laut Ihrem v.g. Bericht noch nicht abgeschlossen. Ich möchte daher noch einmal auf einige wichtige Punkte eingehen, die unserer Auffassung nach unbedingt bei der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen sind.

1. Vollständigkeit der Unterlagen

Die Antragsunterlagen waren aus meiner Sicht nicht vollständig, da u.a. das Verkehrskonzept und das Brandschutzgutachten erstens nicht aktuell (aus 2010) und zweitens nicht mit der Stadt abgestimmt waren. Die Behauptung der Antragstellerin, eine abschließende Abstimmung sei erfolgt, ist unrichtig.
Aus diesem Grund hätte die Vollständigkeit der Unterlagen seitens der Bezirksregierung nicht festgestellt und die folgenden Verfahrensschritte nicht eingeleitet werden müssen, bzw. sogar dürfen.

Ein wesentliches Ergebnis des Erörterungstermines war, dass von Seiten der Antragstellerin eine Vielzahl von zusätzlichen Unterlagen sowie Ergänzungen und Aktualisierungen bereits eingereichter Unterlagen beizubringen sind. Deren Erstellung und sorgfältige Prüfung beansprucht eine erhebliche Zeit, die eingeräumt werden muss, und zu diesem Zweck sieht das BImSchG Verlängerungen der 7-Monatsfrist um jeweils 3 Monate vor.
Ich kann daher nicht nachvollziehen, dass die Bezirksregierung sich an die 7-Monatsfrist gebunden fühlt und bitte Sie, Ihren Einfluss dahingehend wirksam zu machen, dass eine intensive Prüfung des Antrags, der zusätzlich beizubringenden Unterlagen und die Würdigung aller am 28.08.2012 vorgebrachten Einwendungen ohne unnötigen Zeitdruck erfolgen kann und letztlich eine Entscheidung getroffen wird, die dem Wohl der Allgemeinheit nicht entgegensteht.

2. Anspruch auf Genehmigung

Einen Anspruch auf Genehmigung hat die Antragstellerin gem. § 6 BImSchG, wenn keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen von der Anlage ausgehen. Der Nachweis steht noch aus, da - wie schon ausgeführt - noch eine Reihe von Unterlagen und Gutachteraussagen fehlen.
Insbesondere fehlen Nachweise, dass der vorgesehene Standort der Behandlungsanlage, die Anlage selbst und die zu beschickende Deponie mit ihrer Basisabdichtung und den Entwässerungseinrichtungen von Bergsenkungen nicht geschädigt werden. Dies ist von großer Bedeutung vor dem Hintergrund, dass in der Anlage in erheblichem Maß mit wassergefährdenden und gefährlichen Abfällen umgegangen wird und für den gesamten Eyller Berg gravierende Senkungen prognostiziert wurden, wobei speziell Erdstufen zu einem erhöhten Risiko beitragen.
Vor abschließender Klärung dieses Themenkomplexes kann eine Feststellung, nachteilige Auswirkungen gingen nicht von der Anlage aus, nicht getroffen werden und ein Anspruch auf Genehmigung nicht begründet werden.

3. Sachbescheidungsinteresse

Die Stadt Kamp-Lintfort hat nachgewiesen, dass die beantragte Behandlungsanlage der Deponie Eyller Berg nicht dienen kann, indem Abfälle zur Beseitigung erzeugt werden. Die Kubatur der Deponie, die mit dem genehmigten Rekultivierungsplan von 1969 festgelegt wurde, ist nicht nur bereits erreicht sondern in erheblichem Umfang überschritten worden. Dies habe ich immer wieder, auch am 28.08.2012 vorgebracht und darum gebeten, diese Tatsache bei der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung kann nur zu dem Ergebnis führen, dass die Behandlungsanlage mangels Deponievolumen nicht betrieben werden kann. Insofern besteht kein Sachbescheidungsinteresse an dem Genehmigungsantrag.
Sollte die Anlage allerdings dazu vorgesehen sein, Rekultivierungsmaterial für die Rekultivierung der aufgefüllten Deponie zu produzieren, ist das Vorhaben nach BauGB nicht privilegiert und das erforderliche gemeindliche Einvernehmen würde die Stadt nicht erteilen.
Die vorgebrachten Punkte stehen nicht im Zusammenhang mit einer abfallwirtschaftlichen Erforderlichkeit, die im Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen sind. Allerdings ist die ordnungsgemäße Entsorgung der überwiegend gefährlichen Abfälle nicht gewährleistet, wenn kein Deponieraum zur Verfügung steht. Dieser Umstand ist für die Genehmigungsbehörde meiner Ansicht nach zwingend zu berücksichtigen!

Herr Minister, im Interesse und zum Schutz der Bürger unserer Stadt und zugunsten des Umweltschutzes in unserer Region bitte ich Sie, der Bezirksregierung Düsseldorf den Freiraum für eine sachgerechte Entscheidung zu verschaffen, ohne den Eindruck zu erwecken, dem ausschließlich gewinnorientierten Interesse privater Unternehmen nachzugeben.

Abschließend möchte ich Sie auffordern, ein Mediationsverfahren zu beenden, welches unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet und lediglich dazu führen kann, die Genehmigungslage zugunsten der Betreiberin zu verbessern und die Restlaufzeiten der Deponie zu verlängern.
Eine klare Entscheidung der zuständigen Gerichte ist - auch wenn dies länger dauern sollte und der Ausgang der Verfahren nicht vorhergesagt werden kann - im Sinne der betroffenen Bürger und ihrer Vertreter allemal besser als ein "fauler" Kompromiss!

Mit freundlichem Gruß

Prof. Dr. Christoph Landscheidt
Bürgermeister

(Presseinformation der Stadt Kamp-Lintfort vom 09.10.2012, www.kamp-lintfort.de)

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